[Ausstellung] 18.10.1983: Roni Horn – COBBLED LEAD(S)
COBBLED LEAD(S) ist e1ne der Arbeiten von RONI HORN (geb. 1955 in New York), die ab 11. Oktober 1983 gleichzeitig an drei Ausstellungsorten gezeigt werden:
im KUNSTRAUM MÜNCHEN, NIKOLAISTRASSE 15, Di-Fr. 15-18. 30 Uhr, Sa. 11-13 Uhr
im KUNSTFORUM DES LENBACHHAUSES, MAXIMILIANSTR./ALTSTADTRING, Di.-Fr. 16-18 Uhr, Sa.u.So. 14-16 Uhr
in der GLYPTOTHEK AM KÖNIGSPLATZ Di.Mi.Fr.Sa.So. 10-16.30 Uhr, Do. 12-20.30 Uhr
zu den Ausstellungen erscheint ein Katalog (Preis DM 28)
COBBLED LEAD(S)
Eine Arbeit von Roni Horn im Innenhof der Glyptothek
Cobbled Lead(s) kann man sinngemäß als gepflastertes Blei oder Pflastersteine aus Blei übersetzen. Damit wurden im Innenhof die Steine einer 21 qm großen Fläche in Form eines Dreiecks (von 11m x 7m x 6,4m) ersetzt. Die Bleisteine wurden nach den Formen der Steine gegossen, an deren Stelle sie jetzt liegen: insgesamt 600 Stück mit einem Gesamtgewicht von 22 Tonnen (d.h. ein einzelner Stein wiegt je nach Größe zwischen 20 und 60 kg). Blei ist im Vergleich mit den ursprünglichen Pflastersteinen und vor allem gegenüber anderen Metallen sehr schwer und außerordentlich weich.
Cobbled Lead(s) ist als eine Arbeit zu verstehen, die sich intensiv mit dem Platz, für den sie hergestellt und an dem sie installiert wurde, auseinandersetzt: mit den architektonischen Strukturen, mit Mißverhältnissen und Symetrien, mit seinem Charakter als Innenhof, mit der besonderen klassizistischen Prägung usw. In ständigem Dialog mit diesem vorgegebenen historischen Ambiente wurde die Konzeption von Cobbled Lead(s) entwickelt: die Wahl des Materials, Größe und Umriß der Arbeit, Anlage und Ausrichtung im Hof, die Art und Weise der Herstellung bis hin zu Überlegungen, wie Cobbled Lead(s) schließlich "gesehen" wird.
Cobbled Lead(s) ist vom Visuellen her wenig spektakulär und fordert deshalb besonders die Aufmerksamkeit und Sensibilität des Betrachters. In diesem Sinn macht die Installation ein experimentelles Angebot: weil sie für das Auge keine Sensation bietet, werden unsere anderen Sinne angesprochen. Die immanenten Eigenschaften von Blei, seine extreme Dichte und Weichheit, kann man z.B. nur wahrnehmen, indem man über das Pflaster geht. Es hemmt den Schritt; während die harten und unelastischen Steine daneben gewöhnlich schnell übergangen werden, zwingt das Bleispflaster zum Langsamer-Gehen.
Diese Subtilität von Cobbled Lead(s) vergrößert das Risiko, in der Monumentalität und historischen Bedeutsamkeit dieses Platzes förmlich "unterzugehen". Die Arbeit selbst kann und will damit nicht wetteifern. Sie strebt eine Balance mit diesen dominierenden Faktoren an, indem sie sie in sich reflektiert und so an den Betrachter weitergibt.
Luise Horn.